Nachlassinsolvenzverfahren und Erbschaft


Ein Todesfall in der Familie ist ein einschneidendes Ereignis. Die wenigsten Familienangehörigen haben einen vollständigen Überblick über die Vermögensverhältnisse des Erblassers. In einem solchen Fall kann die Erbschaft zu hohen Risiken der Erben, mit Schulden des Erblassers bei Annahme der Erbschaft belastet zu werden, führen. Wurde die Erbschaft angenommen und stellt sich im Nachhinein heraus, dass der Erblasser mehr Schulden als Vermögen hinterlassen hat, bestehen Möglichkeiten, das Haftungsrisiko auf den Nachlass zu begrenzen.

 

In diesem Zusammenhang stellen sich unter anderem folgende Fragen:

  1. Wer ist Erbe?
  2. Was kann der Erbe tun, um eine Erbschaft nicht annehmen zu müssen?
  3. Wie läuft eine Erbausschlagung ab?
  4. Kann eine Erbschaft nach der Annahme doch noch ausgeschlagen werden?
  5. Was kann der Erbe tun, wenn er nach der Annahme feststellt, dass die Erbschaft überschuldet ist?
  6. Was versteht man unter der Nachlassinsolvenz?
  7. Was versteht man unter der Nachlassverwaltung?
  8. Was ist der Unterschied zwischen der Nachlassinsolvenz und der Nachlassverwaltung?
  9. Was versteht man unter der Dürftigkeitseinrede?

 

1. Wer ist Erbe?

 

Wer Erbe ist, hängt davon ab, ob der Erblasser eine letzte Verfügung veranlasst oder nicht. Liegt eine letztwillige Verfügung vor (beispielsweise ein Testament) so ergibt sich hieraus die Erbenstellung.

 

Liegt keine letztwillige Verfügung vor, so richtet sich die Erbenstellung nach der gesetzlichen Regelung. Nach dem Gesetz orientiert sich die Erbenstellung nach Ordnungen. Erben der ersten Ordnung sind die Kinder und der Ehegatte des Erblassers. Erben der zweiten Ordnung die Eltern, und so weiter.

 

Mit dem Anfall der Erbschaft gehört die Erbschaft zum Vermögen des Erben. Das heißt, dass alles Vermögen, aber auch alle Schulden auf den Erben übergehen. Eine Aufspaltung der Erbschaft in Vermögen und Schulden erfolgt erst einmal nicht.

 

2. Was kann der Erbe tun, um eine Erbschaft nicht annehmen zu müssen?

 

In die Erbenstellung rücken die Erben ganz automatisch. Es bedarf hierzu keiner Rechtshandlung. Um nicht mit einer überschuldeten Erbschaft belastet zu werden, steht dem Erben als erste Möglichkeit die Ausschlagung der Erbschaft zu.

 

3. Wie läuft eine Erbausschlagung ab?

 

Um eine Erbschaft ausschlagen zu können, muss der Erbe zunächst einmal wissen, dass er Erbe geworden ist. Weiß der Erbe von seiner Erbschaft, so muss der Erbe die Erbschaft innerhalb von sechs Wochen beim zuständigen Nachlassgericht ausschlagen, also gegenüber dem Nachlassgericht erklären, dass er die Erbschaft nicht annehmen möchte. Hält sich der Erbe zum Zeitpunkt der Kenntnis im Ausland auf, so beträgt die Frist sechs Monate. Ist die Ausschlagung erfolgt, kann der Erbe nicht mit den Nachlassschulden belastet werden.

 

4. Kann eine Erbschaft nach der Annahme doch noch ausgeschlagen werden?

 

Verpasst der Erbe die Ausschlagungsfrist oder nimmt er die Erbschaft durch eine Erklärung an, ist die Ausschlagung der Erbschaft nicht mehr möglich.

 

5. Was kann der Erbe tun, wenn er nach der Annahme feststellt, dass die Erbschaft überschuldet ist?

 

Stellt der Erbe fest, dass die Erbschaft überschuldet ist, hat er mehrere Möglichkeiten:

  • Der Erbe kann versuchen, sich mit den Gläubigern zu einigen
  • Der Erbe kann einen Antrag auf Nachlassinsolvenz stellen
  • Der Erbe kann die Dürftigkeitseinrede erheben

 

6. Was versteht man unter der Nachlassinsolvenz?

 

Bei einer Nachlassinsolvenz wird ein Insolvenzverfahren nur über den Nachlass, also das Erbe, eröffnet. Hierbei kommt es ausnahmsweise zu einer Trennung zwischen dem Vermögen des Erben und der Erbschaft.

 

Erfährt der Erbe von der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung des Nachlasses und will er das Nachlassinsolvenzverfahren einleiten, so hat der Erbe unverzüglich einen Antrag zu stellen. Bei einer Verzögerung ist der Erbe den Gläubigern zum Ersatz des daraus resultierenden Schadens verpflichtet.

 

Antragsberechtigt sind neben dem Erben zudem der Nachlassverwalter, der Testamentsvollstrecker, der Nachlasspfleger sowie die Gläubiger des Erblassers.

 

Wird das Nachlassinsolvenzverfahren eröffnet, so unterscheidet sich der Ablauf nicht wesentlich vom Ablauf des normalen Insolvenzverfahrens.

 

7. Was versteht man unter der Nachlassverwaltung?

 

Auch mit Hilfe der Nachlassverwaltung kann die Haftung auf das Erbe beschränkt werden. Die Nachlassverwaltung muss vom Erben beantragt werden und kommt in der Regel in Betracht, wenn die Erbschaft unübersichtlich ist oder sich der Erbe mit der Erbschaft überfordert fühlt. Auch bei der Anordnung der Nachlassverwaltung haftet der Erbe nicht mit seinem Vermögen.

 

Ist der Antrag zulässig, wird vom Nachlassgericht ein Nachlassverwalter eingesetzt. Dieser ist dann Ansprechpartner möglicher Gläubiger des Erblassers. Machen die Gläubiger Forderungen gegen die Erbschaft geltend, so sind deren Ansprüche auf das Erbe beschränkt.

 

8. Was ist der Unterschied zwischen der Nachlassinsolvenz und der Nachlassverwaltung? 

 

Der Unterschied zwischen der Nachlassverwaltung und der Nachlassinsolvenz ist, dass bei der Nachlassverwaltung keine Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit des Erbes vorliegen muss. Es reicht aus, dass das Erbe unübersichtlich ist. In diesem Fall ist die Nachlassverwaltung eine Art Sicherheitspuffer vor bösen Überraschungen.

 

9. Was versteht man unter der Dürftigkeitseinrede?

 

Das Nachlassinsolvenzverfahren und die Nachlassverwaltung sind mit Kosten verbunden. Reicht die Erbschaft nicht aus, um die Kosten zu decken oder wäre eine anderweitige Finanzierung der Verfahren nicht tunlich, so kann der Erbe die Dürftigkeitseinrede erheben.

 

Der Erbe erklärt hiermit, dass die Erbschaft nicht ausreicht, die Gläubiger des Erblassers zu befriedigen. In diesem Fall ist der Erbe verpflichtet, das Erbe an die Gläubiger herauszugeben, damit diese sich durch die Versteigerung des Erbes befriedigen können.

 

Sollten Sie Fragen zu diesem Thema haben oder persönlich betroffen sein, können Sie sich gerne jederzeit an mich wenden.