Der Auszubildende und der Arbeitgeber schlossen mit Wirkung zum 01.09.2020 einen Ausbildungsvertrag zum Gebäudereiniger ab. Die vereinbarte Ausbildungsvergütung betrug 775, EUR brutto. Der Arbeitgeber meldete jedoch weder das Ausbildungsverhältnis bei der Gebäudereiniger-Innung noch den Kläger bei der Berufsschule an. Er erstellte auch keinen Ausbildungsplan für den Kläger. Es erfolgte nach den Angaben des Klägers lediglich eine einmalige Einweisung in seine Tätigkeit durch einen Arbeitskollegen. Sodann wurde der Kläger mit einer Wochenarbeitszeit von 39 Stunden als Reinigungskraft eingesetzt und erhielt hierfür die vereinbarte Ausbildungsvergütung.
Das Arbeitsgericht Bonn hat mit Urteil vom 08.07.2021 (Az. 1 Ca 308/21) entschieden, dass der Kläger für die von ihm geleistete Arbeitszeit einen Anspruch auf das Tarifentgelt eines ungelernten Arbeiters hat. Dem Kläger steht in entsprechender Anwendung von § 612 BGB ein Anspruch auf die übliche Vergütung eines ungelernten Arbeitnehmers zu, da er in Wirklichkeit nach Art und Umfang seiner Arbeit wie eine ungelernte Kraft beschäftigt wurde. Ein Auszubildender, der als Arbeitnehmer eingesetzt wird, ohne ausgebildet zu werden, erbringt Leistungen, zu denen er auf der Grundlage seines Ausbildungsvertrages nicht verpflichtet ist. Damit sind die von dem Auszubildenden erbrachten Leistungen nicht durch die Zahlung seiner Ausbildungsvergütung abgegolten, sondern diese sind in entsprechender Anwendung von § 612 BGB in Höhe der üblichen Vergütung eines vergleichbaren Arbeitnehmers zu bezahlen.
Da der Kläger als ungelernte Kraft in der Gebäudereinigung beschäftigt wurde, hat er Anspruch auf die tarifliche Vergütung nach der Lohngruppe 1 des Rahmentarifvertrages für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung.
Hinweis für die Praxis vom Anwalt Arbeitsrecht:
Leider ist es nicht unüblich, dass Arbeitgeber Ihre Auszubildenden als günstige Arbeitskraft einsetzen. Ob, wie hier, im Bereich der Gebäudereinigung, im Büro oder im Handwerk. Es gibt im Grunde genommen keinen Bereich der Arbeitswelt, der nicht hiervon betroffen ist. Doch was für den Arbeitgeber eine Kostenersparnis ist, ist für den Azubi nicht nur finanziell ärgerlich, sondern wirkt sich insbesondere auch auf seine zukünftige berufliche Laufbahn aus, da dem Azubi die entsprechenden Kenntnisse fehlen, die erst nach der tatsächlichen Ausbildung "on the Job" gelernt werden müssen. Daher ist das Urteil des Arbeitsgerichts Bonn zu begrüßen. Vielleicht wird es eine gewisse Lenkungswirkung haben und den einen oder anderen Arbeitgeber an seine Ausbildungspflichten erinnern.